Wer meinen früheren Bericht über eine Uhr von Moritz Grossmann gelesen hat, wird nicht überrascht sein, dass ich den deutschen Hersteller sehr schätze. Es gibt einfach etwas an dem ultra-raffinierten Stil der Uhrmacherei in der Region Glashütte, das mich anspricht. Nach der unglaublich komplexen Hamatic, die von außen fast trügerisch einfach aussieht, habe ich nun das Vergnügen, ein weiteres schönes Beispiel für das Stilbewusstsein von MG zu präsentieren. Auch hier zeigt sich wieder eine große Gelassenheit und Zurückhaltung in Sachen Design, während er gleichzeitig eine sehr praktische Seite des Alltags bietet. Legen wir gleich los mit der Moritz Grossmann Power Reserve Vintage.
Nun muss man sagen, dass Moritz Grossmann nicht irgendeine Marke aus Glashütte ist, sondern eine der am meisten auf die Haute Horlogerie ausgerichteten Marken überhaupt. Andererseits ist die sächsische Uhrmacherkunst durch Marken wie Glashütte Original, Nomos und natürlich A. Lange & Söhne auch für sich selbst bekannt. Die heutige Marke Moritz Grossmann gibt es zwar erst seit 2010, als Christine Hütter dem Namen neues Leben einhauchte, aber die Geschichte reicht viel weiter zurück. Sie beginnt mit Carl Moritz Grossmann, der 1854 sein eigenes Atelier in Glashütte gründete, nachdem er in den Jahren zuvor in Dresden Uhrmacherei studiert hatte. Sein Leben und seine Arbeit sind von mehreren bemerkenswerten Errungenschaften geprägt, darunter der 1. Preis, den das British Horological Institute 1866 für seine Abhandlung über die losgelöste Ankerhemmung vergab. Außerdem ist er zusammen mit einigen anderen für die Gründung der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte im Jahr 1878 verantwortlich.
Nach seinem frühen Tod im Jahr 1885 verlangsamten sich die Aktivitäten, und schließlich schloss 1992 sogar die Uhrmacherschule nach 114 Jahren ihre Pforten. Der Name wird 2008 wiederbelebt, aber erst 2010 wird die erste neue Uhr mit dem Namen Moritz Grossmann vorgestellt: die Benu. In den folgenden Jahren hat sich das Portfolio der Marke um mehrere wunderschöne Kollektionen erweitert, darunter die überraschend ausdrucksstarke Backpage und die großartige Hamatic(mein persönlicher Favorit). Bei allen replica Uhren stechen für mich zwei Dinge besonders hervor. Zum einen hat sich Moritz Grossmann ganz dem Erhalt und der Zurschaustellung traditioneller Uhrmacherkunst verschrieben, und zum anderen macht er die Dinge ein wenig anders als andere (wie die bereits erwähnten Modelle Hamatic und Backpage).
Die Power Reserve Vintage ist nicht so komplex wie die Hamatic und auch nicht so auffällig wie die Backpage, aber sie ist ein perfektes Beispiel für den Stil der MG-Uhrmacherei. Sie ist entweder in Roségold oder (hier zu sehen) in Weißgold erhältlich und hat ein dreiteiliges Gehäuse mit einem modernen Durchmesser von 41 mm und einer Höhe von 11,65 mm. Ähnlich wie bei der Hamatic, die ich kürzlich vorgestellt habe, sind die geschwungenen Bandanstöße sehr schön nach unten geneigt und machen diese Uhr zu einem ausgezeichneten Tragekomfort. Auch hier macht eine sehr schmale Lünette Platz für ein möglichst großes Zifferblatt (mehr dazu in einer Minute) und ein leicht gewölbtes Saphirglas. Ein zweites Saphirglas bedeckt die Rückseite. Auf der rechten Seite des Gehäuses befindet sich eine leicht konisch geformte Krone, die von einem kleinen Drücker flankiert wird. Für Kenner ist dieser Drücker ein sehr raffiniertes Detail im Inneren dieses schönen Gehäuses!
Aber bevor wir zu diesem Teil kommen, möchte ich zunächst das Zifferblatt besprechen. In der Überschrift habe ich “Elegant mit einem Hauch von Sportlichkeit” erwähnt, und das bezieht sich direkt auf das silber-weiße argentéfarbene Zifferblatt. Es ist aus massivem Silber gefertigt, und die Verarbeitung ist hervorragend. Die länglichen schwarzen römischen Ziffern strahlen Eleganz aus und werden von einer sehr feinen Minuterie umrahmt. Wenn man genau hinsieht, kann man bei jedem Fünf-Minuten-Takt kleine blaue Markierungen erkennen, die einen farblichen Bezug zu einem wichtigen Element des Zifferblatts herstellen: der Anzeige der Gangreserve.
Diese einfache kleine horizontale Anzeige ist im Alltag einer Handaufzugsuhr (wie dieser) sehr praktisch. Dahinter dreht sich eine halbkreisförmige blau-weiße Scheibe hin und her, um anzuzeigen, wie viel Energie noch im Federhaus vorhanden ist. Je mehr Blau man sieht, desto leerer ist es. Es ist ein sehr subtiler Eingriff in das ansonsten sehr klassisch gestaltete Zifferblatt und bietet meiner Meinung nach gerade genug zeitgenössische Sportlichkeit, um die Uhr zu mehr als nur einer sehr hübschen Dresswatch zu machen. Die sehr schlanken Zeiger mit polierten Fassungen und hitzegeglühten blauen Schäften und Spitzen sind typisch für Moritz Grossmann. Das letzte Detail ist die vertiefte kleine Sekunde mit der gleichen Liebe zum Detail in der schwarzen Skala und dem einzelnen Zeiger.
Dreht man die Uhr um, erhält man einen freien Blick auf das hauseigene Kaliber 100.2. Dieses Uhrwerk mit Handaufzug ist aus Neusilberbrücken und -platinen gefertigt und nach höchsten Standards veredelt. Es ist ein wahres Prachtexemplar mit von Hand aufgetragener Glashütter Riffelung, Mattierung, Anglage, Gravuren, violett hitzegeglühten Schrauben, Goldchatons, verschiedenen Polier- und Bürstungsarten und vielem mehr. Bewundern Sie auch die Grossmann-Unruh mit Nivachron-Spirale, die mit 18.000 Halbschwingungen pro Stunde schwingt und mit unterschiedlich langen Schrauben zur Regulierung der Bewegung ausgestattet ist.
Direkt neben dem Federhaus ist das Getriebe der charakteristischen Gangreserveanzeige zu sehen. Versteckt ist jedoch ein anderer, sehr raffinierter Mechanismus. In das schlüssellose Werk ist das patentierte Aufzugs- und Drückersystem von Grossmann integriert. Durch Herausziehen der Krone wird das Uhrwerk vollständig angehalten, doch springt die Krone beim Loslassen sofort wieder in die richtige Position. Dann kann man die Zeiger auf die richtige Zeit einstellen und den kleinen Drücker drücken, um das Werk wieder freizugeben. Diese kleine Choreografie verhindert, dass sich die Zeiger beim Zurückdrücken der Krone bei herkömmlichen Uhrwerken ungewollt verstellen. Es klingt vielleicht etwas sinnlos, aber es ist ein Beweis für das, was ich bereits gesagt habe: Moritz Grossmann macht die Dinge von Zeit zu Zeit anders, oft mit Blick auf die Praktikabilität.
Die Moritz Grossmann Power Reserve Vintage wird an einem handgenähten Alligatorlederband mit Dornschließe aus dem gleichen Material wie das Gehäuse geliefert. Sie ist nicht stückzahlmäßig limitiert, aber man sollte bedenken, dass Moritz Grossmann nur wenige hundert Uhren pro Jahr produziert. Erhältlich ist sie bei ausgewählten Einzelhändlern und über die Online-Boutique von Moritz Grossmann zu einem Preis von 47.800 Euro inklusive Steuern (basierend auf 19% Mehrwertsteuer in Deutschland).
Das macht die Power Reserve Vintage zwar nicht zu einer billigen Uhr, aber angesichts der Liebe zum Detail und der Komplexität der Uhr scheint mir das gerechtfertigt. Sie ist eine der schönsten Uhren im Portfolio der Marke, und die dezente Gangreserve ist nur eine kleine Unterbrechung eines ansonsten exquisiten Zifferblatts, das nur die Zeit anzeigt.