Test des IWC Ingenieur Chronograph Edition “Rudolf Caracciola”

Der IWC Ingenieur Chronograph Edition “Rudolf Caracciola” – Teil der für 2017 überarbeiteten Ingenieur-Linie der Schaffhauser Marke – besticht durch einen eleganten Retro-Look und ein komplett neu entwickeltes Uhrwerk.

IWC Ingenieur Chronograph Edition Rudolf Caracciola - reclining
Die IWC Ingenieur Chronograph Edition Rudolf Caracciola ist nach einem Grand-Prix-Sieger im Rennsport benannt.

Die IWC Ingenieur wurde 1955 als Dreizeigeruhr mit klarem Design und Schutz gegen Magnetfelder bis zu 80 000 Ampere pro Meter vorgestellt. Die Uhr sollte sicherstellen, dass Techniker und Forscher in einer zunehmend elektronischen Welt immer pünktlich sind. 1976 entwirft der renommierte Uhrendesigner Gérald Genta, der unter anderem die Royal Oak von Audemars Piguet und die Nautilus von Patek Philippe entwickelt hat, eine völlig neue Ingenieur. Gentas “SL” hatte fünf kleine Löcher in der Lünette, ein integriertes Metallarmband und ein Innengehäuse aus Weicheisen zum Schutz vor Magnetismus. Dieses Design wurde bei der Neuauflage der Ingenieur-Linie im Jahr 2005 wieder aufgegriffen, aber einige dieser Modelle hatten keinen Schutz vor Magnetfeldern. IWC baute und baut zahlreiche Modelle mit diversen Zusatzfunktionen wie zweite Zeitzone, Chronograph, ewiger Kalender und Tourbillon.

Im Jahr 2008 ließ IWC mit der Vintage-Kollektion mehrere historische Uhren wieder aufleben. Dazu gehörte eine Dreizeigeruhr, die mit Dauphine-Zeigern und applizierten Stabindexen eine Hommage an die erste Ingenieur darstellte. Dieses Modell verfügte außerdem über ein Saphirfenster im Gehäuseboden, durch das man das Manufakturkaliber 80111 betrachten konnte. Die Kehrseite dieser schönen Aussicht: Auf den Magnetfeldschutz musste verzichtet werden. Das Herzstück der Vintage-Kollektion sind aber nach wie vor die großen Modelle mit fünf Löchern in der Lünette.

IWC Ingenieur Chronograph Edition Rudolf Caracciola - Front
Die Uhr hat eine vom Rennsport inspirierte Tachymeterskala und ein schiefergraues Zifferblatt.

Das neue IWC-Kaliber 69370 verfügt über ein Säulenrad und das für die Marke charakteristische Pfotenaufzugssystem.

In der Ingenieur-Linie gibt es jetzt wieder ein Modell mit glatter Lünette. Wie die SL ist auch diese Uhr in Stahl, Titan und Gold erhältlich. Alle drei Versionen sind limitierte Auflagen. Ein Chronograph passt auch hier gut als zusätzliche Funktion, die den praktischen Nutzen der Ingenieur weiter erhöht. Da es kein Vorgängermodell aus den 1950er Jahren gibt, war dieses Modell für die Designer eine schwierigere Herausforderung. Auf den ersten Blick sieht die neue Ingenieur zeitlos elegant aus, mit einem abgewinkelten Flansch für die Tachymeterskala, einer breiten Lünette und einem schiefergrauen Zifferblatt mit Sonnenstrahlenmuster. Der Ingenieur-Look wird durch Indexe zwischen den zwei- und dreistelligen Ziffern und eine Null links neben den einstelligen Ziffern der Hilfszifferblätter unterstrichen. Sogar das Datum hat eine führende Null. Die Verwendung von Rot auf einigen Skalen und auf den Zeigerspitzen des Chronographen- und des Sekundenzeigers verleiht der Uhr einen Hauch von Sportlichkeit.

Nur das ecrufarbene Leuchtmaterial und das sattelgenähte Lederband, das an die Polsterung eines Autositzes erinnert, vermitteln einen Retro-Look. Der automobile Bezug ist gewollt: Unsere Testuhr ist nach dem Rennfahrer Rudolf Caracciola benannt. Er wurde 1901 geboren und fuhr den Mercedes-Knight seiner Eltern, noch bevor er mit 15 Jahren den Führerschein machte. Ab 1926 gewann er am Steuer eines Mercedes zahlreiche Grand Prix- und Sportwagenrennen und war einer der erfolgreichsten Rennfahrer seiner Zeit.

Erst bei näherer Betrachtung unserer Testuhr fällt auf, dass die stabförmigen Indexe mit Leuchtpunkten an den äußeren Enden und der doppelte Leuchtpunkt bei der 12 auf die erste Ingenieur zurückgehen. Einige der ersten Ingenieursuhren hatten ebenfalls stabförmige Zeiger mit spitzen Enden. Das Gehäuse mit aufgesetzter Lünette, polierten Oberflächen und satinierten Seiten ähnelt ebenfalls dem Gehäuse der ersten Ingenieur (Referenz 666).

Alles in allem haben die IWC-Designer eine schöne Uhr geschaffen, aber das Design ist nicht ganz im Einklang mit dem Retro-Look. Das Gehäuse ist zu hoch und die Lünette zu steil nach unten geneigt, als dass es sich um eine eingefleischte Retro-Uhr handeln könnte. Außerdem hat der Neuling einen zeitgemäßen Durchmesser von 42 mm. Das Gehäuse der von uns getesteten Edition “Rudolf Caracciola” ist aus Stahl gefertigt.

IWC Ingenieur Chronograph Edition Rudolf Caracciola - Back
Das IWC-Kaliber 69370 wurde als kostengünstigere Alternative zum bestehenden IWC-eigenen Chronographenwerk entwickelt.

Die Ingenieur Chronograph Edition “Rudolf Caracciola” erinnert in ihrem Design teilweise an die IWC Ingenieur von 1955.

Die zweite Besonderheit dieses Modells ist das neu entwickelte Chronographenkaliber 69370, das hier zum ersten Mal zum Einsatz kommt. Warum hat IWC ein zweites Chronographenwerk mit Selbstaufzug entwickelt? Die überraschende Antwort: Damit die Marke preiswertere Chronographen mit einem Manufakturkaliber anbieten kann. Vor diesem Debüt hatte IWC Chronographen mit dem Kaliber Valjoux 7750 (geliefert von ETA) angeboten, das IWC als Kaliber 79xxx” bezeichnete. Die Preise für diese Uhren begannen bei etwa 5.800 Dollar. Uhren mit dem IWC-eigenen Chronographenkaliber 89xxx kosten rund 11.000 Dollar, also fast doppelt so viel. Unsere Testuhr kostet 7.150 Dollar. Das neue Werk ist etwas größer und erreicht damit die gleichen Abmessungen wie das Valjoux 7750. Das bedeutet, dass IWC in Zukunft das Valjoux-Werk ohne größere Probleme durch dieses neue Kaliber ersetzen könnte.

Doch auf welche Eigenschaften muss man bei diesem neuen Manufakturwerk im Vergleich zum älteren Kaliber verzichten? Die Gangreserve ist kürzer (46 Stunden anstelle von 68 Stunden). Es gibt keine Flyback-Funktion, die es ermöglicht hätte, eine neue Zeitmessung zu starten, während eine vorherige weiterläuft. Dem neuen Modell fehlt auch ein kombinierter Zähler für abgelaufene Stunden und abgelaufene Minuten, der es dem Benutzer ermöglichen würde, die abgelaufene Zeit intuitiv wie auf dem Zifferblatt einer gewöhnlichen Uhr abzulesen. Die Konstruktion des neuen Uhrwerks ist technisch einfacher, da es auf einen Index für die Feinregulierung und nicht auf Gewichtsschrauben entlang des Unruhreifs setzt. Sowohl das neue Modell als auch seine Vorgängerin verfügen über eine Säulenradsteuerung für den Chronographen, eine Kippritzelkupplung und das für IWC charakteristische Klinkenaufzugssystem.

Auch die dekorativen Unterschiede sind nicht besonders riesig. Die alte 89xxx, die mehr von ihren Mechanismen preisgibt, hat auch dekorative Muster auf ihren Rädern und Goldfüllungen in ihren Gravuren. Aber die neue 69xxx hat auch einen skelettierten Rotor, ein kreisförmiges Muster auf den Brücken und polierte Schraubenköpfe. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass einige Komponenten des Uhrwerks gänzlich ohne Verzierungen auskommen.

IWC wird häufig für ihr suboptimales Preis-Leistungs-Verhältnis kritisiert, doch unsere Testuhr mit dem neuen Werk erreicht ein deutlich besseres Verhältnis. Zudem werden von dieser Ingenieur Chronograph Edition “Rudolf Caracciola” nur 750 Stück hergestellt.

ANGABEN
Hersteller: IWC Schaffhausen, Baumgartenstrasse 15, 8200 Schaffhausen, Schweiz
Referenznummer: IW380702
Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde, Chronograph mit Zählern für bis zu 30 abgelaufene Minuten und bis zu 12 abgelaufene Stunden, Datumsanzeige
Uhrwerk: Manufakturkaliber 69370, Automatik, 28.800 U/min, 33 Lagersteine, Sekundenstopp, Schnellrückstellung der Datumsanzeige, Säulenrad, Feinregulierung über Index und Exzenterschraube, Gangreserve 46 Stunden; Durchmesser = 30 mm, Höhe = 7,9 mm
Gehäuse: Edelstahlgehäuse mit gewölbtem, beidseitig entspiegeltem Saphirglas, verschraubte Krone, Vollgewinde-Schraubboden mit Saphirfenster, wasserdicht bis 60 Meter
Band und Schließe: Kalbslederband mit Dornschließe aus Edelstahl
Gangresultate (Abweichung in Sekunden pro 24 Stunden, voll aufgezogen/nach 24 Stunden):
Zifferblatt aufwärts +1 / +4
Zifferblatt abwärts +1 / +4
Krone aufwärts +3 / +6
Krone unten +3 / +5
Krone links +5 / +9
Krone rechts +5 / +8
Größte Abweichung 4 / 5
Mittlere Abweichung +3 /+ 6
Durchschnittliche Amplitude:
Flache Stellungen 276° / 248°
Hängende Stellungen 254° / 221°
Abmessungen: Durchmesser = 42 mm, Höhe = 15 mm, Gewicht = 112 Gramm
Limitierte Auflage von 750 Stück

PUNKTE
Armband und Schließe (max. 10 Punkte): Das sattelgenähte Lederarmband ist sauber verarbeitet; das Gehäuse und die Dornschließe aus Edelstahl haben polierte und satinierte Oberflächen. 8
Bedienung (5): Der Start-Stopp-Knopf läuft erfreulich leichtgängig, der Null-Rückstellknopf erfordert jedoch einen höheren Druck. Die Schnellrückstellung des Datums und die Sekundenstoppfunktion werden über die griffige verschraubte Krone bedient. 5
Gehäuse (10): Das Edelstahlgehäuse ist gut verarbeitet, hat einen transparenten Saphirboden und ist bis zu einer Tiefe von 60 Metern wasserdicht. 8
Design (15): IWC mischt Retro-, Hightech-, sportliche und moderne Elemente. Die Mischung ist gelungen, auch wenn das Gehäuse recht dick ist und die Lünette steil nach unten abfällt. 13
Ablesbarkeit (5) : Die Zeit ist bei Tag und bei Nacht gut ablesbar. Die Zähler des Chronographen bieten einen ausreichenden Kontrast. 4
Tragekomfort (10): Diese IWC-Uhr liegt dank Dornschließe und Lederband angenehm am Handgelenk. 8
Uhrwerk (20): Gutes, robustes Chronographenwerk mit Säulenrad; die Datumsanzeige braucht eine volle Stunde, um auf das Datum des nächsten Tages zu springen. 16
Gangresultate (10): Sehr gut; ähnliche Resultate in allen Positionen und die durchschnittliche Abweichung ist gering. Der Chronograph verbraucht seinen Teil der Energie, aber die Ganggenauigkeit bleibt gut. 9
Gesamtwert (15): Ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis für einen Hersteller-Chronographen. 12
Gesamt: 83 PUNKTE